André Rech

Traumwache

Auf einer stillen Lichtung, am Rande der Welt, im Ozean der Träume liegt der Bär.
Einst war er stolz der Hüter jener Lichtung, an der die Träume aller Wesen, ob Mensch ob Tier, entspringen. Er war ein stolzer Wächter, der Respektvoll und mit Würde jeden Alp zerschlug, der seiner Lichtung und den Träumen all zu nahe kam.
Doch heute ist der Bär ein Schatten seiner selbst, die Träume aller Menschen haben seinen Geist verzehrt, seine Jugend, seine Kraft, all dies fiel ihren bösen Taten und dem zornigen Handeln böser Seelen zum Opfer.
Der Bär ist groß sein Fell ist grau, die Fänge alt und abgenutzt, in seinem Blick, voll Trauer, spiegelt sich die Weisheit der Jahrhunderte.
Mit der Trauer, mit dem Alter kommt die Müdigkeit. Wie gerne würde er, der Hüter aller Träume, sich selbst dem letzten Traum hingeben und der Welt, in der er lebt, als dann entsagen.
Doch Pflicht und Ehre halten ihn an seinem Platz gefangen, bis daß die Zeit und alle Träume für immer in der Ewigkeit versiegen.
Es kommt der Tag, so weis nur er es, an dem die Menschen und ihr Dasein, die Träume aller Wesen von innen und von außen zerschmettern werden.
Früher, als er jünger, hat er gern und voller Freude, den Kinderträumen zugesehen, voller Unschuld, voller Herzensgüte waren jene Phantasien, die der Bär da sehen konnte, doch heute, wo die Welt ist voller Leid, da sprudelt aus dem Quell der Träume oft Gewalt und Zorn heraus. Kinder Träumen von dem Blut, dem Leid und all den Qualen, die das Leben mit sich bringt.
Bald schon sieht er keine Freude, keine Herzensgüte mehr.
Hilf du Mensch dort draußen, hilf dem Wächter deiner Träume. Schenke Liebe, schenke Freude, daß die Träume aller Menschen frei von Leid und Zorn bald sind, gib dem Bären wieder Leben, Jugend und auch Kraft zurück, denn wenn unsre Träume einst versiegen, weil der Wächter nicht mehr ist, wird die Zeit zu laufen aufhören und die Welt vergehen.

© André Rech (2007)