Etwas mit einem Rentier

Ich habe ein Wörterbuch,
weil es mir darum geht
zu sprechen
wie man in Schweden
und in Norwegen spricht
und weil ich mich auch
mit dem Rentier
unterhalten will,
das man auf den Pullover
gestickt hat,
der im warmen Zimmer
auf einem Sessel 
liegt ...

Mit dem Rentier,
das ab und zu
und alle fünf Minuten
auf die Uhr
und in meine Richtung
schaut ...

Das Rentier,
denke ich,
hat ein Recht darauf
zu erfahren
was ich denke
und auch ich
will wissen
was das Rentier
denkt.

An einem Abend
im Winter
sitzt die Dunkelheit
wie eine Frau
auf einer Bank
vor meinem Haus,
während der Wind
wie ein Wikinger
ums Haus schleicht
und durch die Fenster
schaut ...

Der Wind
ist eifersüchtig
auf das Rentier,
das wie ein Sprachlehrer
sieben Sprachen spricht
und der Wind
ist auch eifersüchtig
auf den Pullover,
der nicht friert
und mit den Zähnen klappert,
der in meinem Zimmer
auf einem Sessel liegt.

© Alfred Zoppelt

Oktobermorgen

Sonne berührt die ersten Baumkronen,
glitzernder Tau liegt auf den Wiesen.
Langsam erwacht die Stadt und der Lärm
klingt sanft aus der Ferne.

Musik klingt in meinem Kopf
und eine süße Melancholie steigt in mir auf.
Sie ergreift mein ganzes Wesen und lässt
glitzernde Tränen über meine kalten Wangen laufen.
Doch da: - Ich verwandle mich in einen Herbstelf…..
Oh.. Welche Leichtigkeit ….
Tanzend und schwebend laufe ich über Wiesen
und bunte Blätter umhüllen mich,
wie ein Fabelwesen.

Und dann kommen Sie …..
All die Elfen, Kobolde und Feen.
Sie umringen mich und tanzen, lachen und schweben.
Das Leben schenkt mir all seine Fülle in diesem Augenblick.

Dann……. ein helles Licht blendet mich
und ich öffne die Augen.
Ich sitze im grellen Sonnenlicht auf einer Bank
und blinzle dem Tag entgegen.
Oh..weh .. nur ein Traum?
Und doch kann ich die Elfen noch fühlen,
als ob Sie ganz nah wären….

© Oktober 2007 Hagen Berger

Blick: Geelong

Zerfallenes fällt das Haus
Büsche schlingen sich um den Zaun
weiße Farbe blättert ab
ein neues, nicht zu öffnendes Eingangstor

Zeitung im Briefkasten frisch
Nachrichten verschwommen
Rost kriecht hinunter
Alter zeichnet sich ab

völlig neu verschließt
ein güner Zaun und Gras
die blaue Jugendstiltür
und es verblasst die Zeit

am Eingang liegt
der Blumenkasten gepflegt
die Laterne kippt langsam
ungerührt steht die Wand

der alte Mercedes ohne Räder
ruht vor der Garage
vom Rasen gezeichnet
hinterm Haus

das schiefe Dach der Veranda
untermalt von Relief
von alten Brettern gestützt
zeichnet die Stadt

© tosch (August 2007)

Morgen in Phoenix - Arizona

Vögel zwitschern in den Gärten
Das Wasser im Pool kräuselt sich ein wenig.

Orangen- und Zitronenbäume tragen Früchte.
Die Luft riecht nach Sommer und ist etwas kühl.
Vollmond strahlte in der letzten Nacht.
Nun liegen die Wolken wie Watteberge über der Stadt.

Ruhe liegt über allem und nur weit entfernt
hört man das Gemurmel der Stadt.

© Februar 2003 Hagen Berger

Mexikanische Impression

Der Sonnenanbeter tanzt auf dem Gipfel eines roten Berges
in Mexiko. Im Licht des Regenbogens tanzt er zusammen
mit dem Geist eines Indianers.

Im Abendrot singen beide alte geheimnisvolle Lieder.
Sie sitzen auf dem Berg wie zwei Brüder.
Im Mondlicht kreist die Friedenspfeife und viele andere
Geister finden sich am Feuer ein.

Erst in der Morgendämmerung, wenn sich die Nebel
vom Berg lösen, sind alle verschwunden.
Aber noch Wochen später wurde ein tanzendes, farbiges
Licht am Berggipfel gesehen.

© Februar 2003 Hagen Berger

Sonne

Die Sonne tauchte ins Meer und verträumte Wellen
erzählen mir von Atlantis.

© Februar 2003 Hagen Berger

Verbunden

Wasser umspült meine Füße
am anderen Ende der Welt
sanft einhüllend
fühlt sich an wie du

das Meer umgarnt meine Füße
am anderen Ende der Welt
's ist kühler geworden
ich erinnere mich

die Bucht streichelt meine Füße
am anderen Ende der Welt
verlockend zu bleiben
was du da machst

du umspülst meine Füße
am anderen Ende der Welt
wie das sanfte Meer
ich genieße das

meine Füße warten
am anderen Ende der Welt
daß du mich wärmer umspülst
überall auf der Haut

© tosch (Mai 2007)

Hoffnung

Hitze vorgestern
schlecht geschlafen
Hitze gestern
nachts Probleme zurechtgerückt

du in Rom heute
ich in Melbourne immernoch
du nicht hier
ich nicht dort

für Haus beworben
ja, man bewirbt sich hier
Anruf bei mir - zur Klärung
Kollegin spielt Referenz

ich am Strand
blick ins Meer
der Sonne hinterher
wie sie zu dir fährt

© tosch (Februar 2007)

Wo bist Du

Wo bist Du?
Ich hänge an den Beinen
Sturm auf den Straßen
Massen von Leuten unterwegs

Wie ist's dort?
Sturm am Strand
Sand wirbelt
Sonne brennt dich weg

Was ist los dort?
Stadtteil voll
Fans bejubeln Band
St. Kilda Festival:
Nächstes Jahr auch Dein Weg.

© tosch (Februar 2007)

Bäume der Kindheit

Die Purzelbäume,
die ich einst
in kindlichem Übermut
pflanzte,
hatten keine Wurzeln
und dennoch sind sie
fest verankert
im Erdreich meiner Erinnerung.

© Alfred Zoppelt

Hausfrau

Der Mann ist auf Montage
und seine Frau ist allein.
Tja.
Sie sehnt sich nach ihrem Mann
oder nach einem Mann.
Je nachdem.
Du kannst sie über eine Flirt-Line erreichen
und sie wird dir sagen
daß sie Anita oder Anna
oder Kerstin heißt.
Sie ist 35 oder 42 Jahre alt
und ihre Stimme klingt
a) interessant
b) charmant
c) vielversprechend.
Sie sagt, daß sie nicht Sex sucht
sondern eine Freundschaft.
Sie redet um den heißen Brei herum
und letztlich geht es ihr doch um Sex.
Die Minute kostet dich 1 Euro 8 Cent.
Plus Mehrwertsteuer.
Du legst auf
fütterst die Katze
und schaltest den Fernseher ein.

© Alfred Zoppelt

Zeitfenster

Paßt Dein Zeitfenster zu meinem?
Was ist eigentlich Zeit in einem Fenster?
Wie bekommt man die Zeit durch das Fenster
hindurch oder heraus?

Meine Zeit mit ihr betrachtet durch ein Fenster ...
weit entfernt, wie ein Traum in
einem anderen Raum.

Losgelöst von der Zeit schwebe ich im Raum
und suche das Fenster durch die Zeit.

Wer ist noch zum Fliegen bereit?

© Hagen Berger (November 2006)

Nebel

Nebel umfasst
Ohren und Kopf
ein Hauch
umschließt

feuchter umfasst
Brauen und Bart
Nebel mich
und schließt

feiner umfasst
Augen und Stirn
ein Schwall
und faßt

Nebel umschleicht
Haut bis Hirn
sanft Atem
zwingt
fast

© tosch (November 2006)

Goldener Käfig

Wie eine Luxus-Kröte
hockt eine Villa
dort auf dem Hügel,
zweifellos
perfekt gebaut.

Eine junge Frau
geht in dieser Villa
unruhig umher,
zweifellos
perfekt gebaut.

Doch sie ist nicht glücklich
in diesem goldenen Käfig.
Es fehlt ihr die Liebe.
Die Wände ihrer Einsamkeit
sind perfekt gebaut.

© Alfred Zoppelt

Die Langeweile

Die Langeweile kommt auf Besuch
- ich habe sie nicht eingeladen! -,
füttert mein Herz mit frischen
Ereignislosigkeiten,
kurvt lustlos um die Ecken
meiner Sprach-Alleen,
wo tintenblaues Wortlaub
von den Bäumen fällt,
steht da und schaut mich an
mit ihrem bemerkenswerten
Es-ist-nichts-los-Gesicht,
sperrt meine Brust auf,
setzt sich in den Schaukelstuhl Seele,
fährt als blinder Passagier
in einem meiner Charakter-Züge
oder steht kopf
im Abendrot
geöffneter Fenster,
solange
bis ihr auch das
langweilig wird.

© Alfred Zoppelt

Karriere

Im Schwimmbad der Vergeßlichkeit
krebst
Professor Sehrzerstreut
mehr schlecht als recht
durchs kühle Naß,
während die Dozenten
Ehrgeiz und Neid
am Beckenrand
in der Sonne liegen
und flüsternd
Wetten abschließen
wann die Verkalkung
den alten Professor
endlich
in der Versenkung
verschwinden läßt.

© Alfred Zoppelt

und es regnet doch

der Regen trifft uns nicht
da wir im Cafe sitzen

© Hagen Berger (November 2006)

es regnet nicht

es regnet nicht
der wicht
er pinkelt nicht

© tosch (November 2006)